Tschüs Otelo
                              Mannesmann laufen die
                              Otelo-Manager weg. Der Deal droht
                zu scheitern.
                Den Glauben an Otelo hat H. S. längst verloren.
                "Herzlichen Glückwunsch allen, die sich fortbewegen. Es
                schwimmen noch andere Fische im Wasser, aber mit dem
                Bauch nach unten", gratuliert der Ex-Otelo-Mann allen
                Abtrünnigen auf der Internetseite der
                "(Ex-)Oteloianer(-innen)". Auch Kollege Frank Gregorowius
                ist froh, rechtzeitig den Absprung geschafft zu haben. "Fast
                alle haben das sinkende Schiff verlassen." 
                Tschüs, good bye, auf Wiedersehen - so schnell hat noch
                kein Unternehmen seine Mannschaft verloren. Von den 2600
                Mitarbeitern, die Otelo vor fünf Monaten - zum Zeitpunkt der
                Übernahme durch Mannesmann-Arcor-Beschäftigte, sind
                offiziell nur noch 2100 an Bord. Der Kölner Betriebsrat Jakob
                Erkes fürchtet sogar, daß es längst weniger als 2000 sind:
                "Otelo verliert die Mitarbeiter schneller als sich die Aufgaben
                zu Arcor verlagern." Tendenz: weiter steigend. 
                Jetzt schlittert das Abenteuer Otelo in eine ungewisse
                Zukunft. Zwar will auch Arcor-Chef Harald Stöber die Zahl
                der Otelo-Mitarbeiter auf 1500 (900 bei Otelo, 600 bei Arcor)
                herunterfahren. Doch daß die Know-how-Träger zuerst und
                so schnell kündigen, war nicht geplant. "Otelos neuer
                Vasallenstatus", "Fehlende Perspektiven" und der
                "Dilettantismus der Rotschöpfe" - wie Arcor in Anlehnung an
                die Werbespots genannt wird - drücken die Stimmung. "Wer
                Ehrgeiz hat und noch etwas erreichen will", - so der Tenor
                auf den Otelo-Fluren - "schaut sich das nicht lange an." 
                Dabei hat sich Mannesmann im Festnetzgeschäft viel
                vorgenommen. Mit zwei Marken - Arcor für
                Geschäftskunden und Otelo für Privatkunden - will die
                erfolgreichste private Telefongesellschaft die Konkurrenz
                abhängen. 2,25 Milliarden Mark zahlten die Düsseldorfer an
                die Otelo-Mütter Veba und RWE, um den Preiskrieg mit
                dem feinmaschigeren Netz und der ausgefeilteren
                Marketingstrategie bestehen zu können. 
                Den Plan gibt es noch - doch nun fehlen geeignete Leute.
                Schlimmer noch: Selbst Techniker, die noch auf der
                Otelo-Gehaltsliste stehen, arbeiten längst für die
                Konkurrenz. Weil Däumchendrehen auf Dauer zu langweilig
                ist, bauen sie - bis zum endgültigen Abschied - lieber
                Netze für die Konkurrenz auf und steigern so ihren
                Marktwert. 
                Entsprechend schnell ging es in den vergangenen Wochen
                mit Otelo bergab: Der Bekanntheitsgrad der Marke sinkt,
                Neukunden werden kaum noch dazugewonnen und das
                Gesprächsaufkommen stagniert. Vor allem im
                Call-by-Call-Geschäft, dem sporadischen Wechsel durch
                Eingabe der Netzvorwahl, verliert Otelo Marktanteile. Von
                den 37 Millionen Gesprächsminuten, die täglich von der
                Mannesmann-Gruppe (Arcor und Otelo) vermittelt werden,
                steuert Otelo immer weniger bei. Stöbers ehrgeiziges Ziel,
                den Umsatz im laufenden Geschäftsjahr auf über drei
                Milliarden Mark zu steigern, ist in weite Ferne gerückt. 
                Um so mehr profitiert die Konkurrenz. Ob Mobilfunkbetreiber
                (Mannesmann Mobilfunk, E-Plus), Festnetzgesellschaften
                (Colt Telecom, GTS Esprit Telecom, MCI Worldcom) oder
                Systemlieferanten (Ericsson, Lucent Technologies) - überall
                beseitigt Otelo ungewollt Manager- und Personalengpässe.
                Vor allem neue Gesellschaften wie Firstmark, Star One oder
                Callino und Spätstarter wie Drillisch decken sich mit
                Otelo-Leuten ein. 
                Aufgefrischt werden dabei alte Verbindungen. Denn viele
                Otelo-Manager nutzen den Wechsel zum Karrieresprung.
                Ehemalige Führungskräfte wie Jens Denecke (jetzt:
                Vorsitzender der Geschäftsführung von Dolphin Telecom in
                Köln), Jörg Kühnapfel (Geschäftsführer Deutsche Telefon-
                und Marketing Services GmbH in Mainz), Günter Schamel
                (Geschäftsführer Mox Telecom AG in Ratingen), Christoph
                Kurpinski (Geschäftsführer Technik bei der Münchner
                Telefongesellschaft Callino), Christa Streck
                (Geschäftsführerin Marketing, Vertrieb bei Lahmeyer
                Informationstechnik in Frankfurt) und Dieter Finke
                (Geschäftsführer der Transportnetzgesellschaft von
                Firstmark) rückten bis in die Geschäftsführungen vor. 
                Die Macher des ersten Internetforums
                (
http://f9.parsimony.net/forum12351/                index.htm) wollen diese Kontakte vertiefen. "Wie wär's mit
                einem Geheimbund der Ex-Oteloianer(-innen)?" fragten sie
                kürzlich. Telefonnummern, E-Mail-Adressen und
                Jobangebote werden schon jetzt fleißig ausgetauscht. 
                                              JÜRGEN BERKE